Am Samstag war es endlich soweit: der Baristakurs in der Kaffeschule Münster stand in meinem Terminkalender. Einen ganzen Tag eintauchen in die Welt des Kaffees mit Trainerin und Head-Barista der „röstbar“ Erna Tosberg. Mir hatte bereits der Schnupperkurs im November so gut gefallen, dass ich definitiv mehr über Kaffee lernen wollte.
Unsere bunt gemischte Truppe wurde mit einem Cappuccino begrüßt, bevor es losging mit der Theorie zu Geschichte, Botanik, Anbau, Ernte und Aufbereitung des Kaffees. Anhand von Gläsern mit Rohkaffeebohnen erklärte Erna uns optische Unterschiede zwischen Robusta (eher klein und kugelig mit gradem Schnitt) und Arabica (länglicher mit einem in der Regel S-förmigen Schnitt), zeigte uns defekte Bohnen (schwarz, unterentwickelt oder vom Kaffeebohrerkäfer angebohrt). Der grüne Rohkaffee riecht auch noch nicht nach dem, was wir mit Kaffee in Verbindung bringen, sondern eher nach Gras oder Heu. In weiteren Gläsern reichte Erna die getrocknete Schale der Kaffeekirsche (riecht nach Hagebuttentee und lässt sich auch als Tee aufbrühen), Kerne noch umhüllt von der Pergamenthaut und dem Silberhäutchen. Wie die Ernte und Aufbereitung genau abläuft und welche verschiedenen Weiterverarbeitungsmethoden es gibt wurde anhand von Bildern, aufgenommen in verschiedenen Plantagen, von wo aus die röstbar ihren Kaffee bezieht, verdeutlicht. Die verschiedenen Weiterverarbeitungsmethoden wirken sich unter anderem auch auf den späteren Geschmack des Kaffees aus, wie wir erfahren konnten. So ergibt eine trockene Aufbereitung süßere, fruchtigere Kaffee als zum Beispiel gewaschene Kaffees, die eher säurebetont sind. Wir lernten außerdem, dass der Kaffeehandel zum größten Teil über die Kaffeebörsen in London und New York stattfindet. Der Börsenpreis hat außerdem Einfluss auf den Kaffeehandel außerhalb der Börse. Und, wie könnte es anders sein, Deutschland erhebt auch auf Kaffee eine Steuer: 2,19 € je Kilo gerösteten Kaffee und 4,78 € je Kilo löslichen Kaffee (lt. dt. Kaffeeverband).
Nach so viel Theorie ging es rüber in die Rösterei zu einer kleinen Tour. Dort wird den Bohnen in einem großen Trommelröster erst sein volles Geschmackspotenzial. Entscheidend dafür ist das Röstprofil. Im Norden Europas wird eher hell geröstet und je weiter man nach Süden kommt, desto dunkler wird die Bohne. Innerhalb von 10 bis 20 Minuten wird dem Kaffee in kleinen Chargen seine Besonderheit entlockt.
Zurück im „Klassenraum“ durften wir unsere Geschmacksnerven in einem Cupping auf die Probe stellen. Anhand von sechs Proben mussten wir versuchen verschiedene Aromen herauszuriechen und zu schmecken. Als kleine Hilfestellung bekamen wir einen Verkostungsbogen der deutschen Röstergilde, der mehrere positive und negative Eigenschaften in verschiedenen Kategorien, z.B. Aroma oder Mundgefühl, auflistete. Reihum arbeiteten wir uns erst riechend, dann schlürfend durch die frisch aufgebrühten Kaffees. Jeder fand seine Favoriten und auch der industriell geröstete Kaffee war schnell ausfindig gemacht. Im direkten Vergleich konnte er den Spezialitätenkaffees nicht das Wasser reichen. Mit dem Cupping endete der erste Teil des Kurses und wir verbrachten eine Stunde Mittagspause vor dem Café nebenan, um uns mit Paninis, Stullen und Kuchen in der Sonne für den Praxisteil zu stärken.
Nach der Pause ging es dann ans Eingemachte. Ran an die Maschinen und sich an den perfekten Espresso herantasten. Erna wies uns in die Profimaschinen ein und erklärte uns, worauf es bei einem optimal zubereiteten Espresso ankommt. Für einen doppelten Espresso verwendeten wir 17,4 g fein gemahlenes Pulver, dass mit einem Tamper mit einem Druck von ca. 15 kg verdichtet wurde, bevor es sich mit 9 Bar Druck und mit einer Wassertemperatur von ca. 92° C innerhalb von 23 – 27 Sekunden in einen köstlichen Espresso verwandelt. Bei so vielen Parametern eine Wissenschaft für sich. Ein Qualitätsmerkmal für einen guten Espresso ist eine elastische Crema, die sich nach dem umrühren wieder schließt. An einem offenen Siebträger veranschaulichte Erna wie ein gut vorbereiteter Espresso durchläuft. Und wie es aussieht, wenn das Pulver zu grob gemahlen wird (sekundenschnelle Kaffeefontäne), zu fein (ein dickflüssiger Strahl, der sich durch das Sieb quält) oder das Pulver schief getampt wird (der Kaffee läuft über das ganze Sieb verteilt ungleichmäßig in die Tasse). Die Geschmackserlebnisse dieser Erlebnisse reichten von sauer bis bitter und waren allesamt ungenießbar. Anschließend lag es an uns den richtigen Mahlgrad für den Espresso zu finden. Reihum wurde die Mühle justiert, gemahlen und aufgebrüht bis das perfekte Ergebnis erreicht wurde.
Den krönenden Abschluss bildete die Kunst des richtigen Milchaufschäumens und das Gießen von Latte Art, zum einstieg in Form von Herzen. Nachdem uns Erna demonstriert hat, wie es gemacht wird, ging die „Materialschlacht“ erst richtig los. Verteilt auf vier Maschinen wurden Espressi gezogen und Milch aufgeschäumt wie im Rausch. Schnell stellten sich die ersten Erfolge ein und bei wem es nicht so gut lief, dem stand Erna mit helfender Hand zur Seite. Zwei Stunden wirbelten wir herum bis sich der Kurs langsam dem Ende näherte. Abschließend holten wir uns noch Ratschläge und Tipps, konnten letzte Fragen stellen, bevor wir in den Rest des Wochenendes entlassen wurden.
Abschließend noch ein paar Impressionen:
Fazit
Wer nicht nur gerne Kaffee trinkt, sondern sich eingehender mit dem Thema Kaffee auseinander setzen möchte, der ist in der Kaffeeschule Münster sehr gut aufgehoben. Erna vermittelt ihr Wissen auf charmante, ungezwungene Art und mit einer Leidenschaft, die ansteckend ist. Um das geballte Wissen nicht sofort wieder zu vergessen, bekam jeder Teilnehmer ein Heft mit den wichtigsten Daten zu den behandelten Themen. Und selbstverständliche eine Teilnahmeurkunde.
Der gesamte Tag war ein wunderbares Erlebnis und hat mich ermuntert mich noch mehr mit Kaffee zu beschäftigen. Das Bewusstsein wie viel Arbeit in Anbau, Verarbeitung und Veredelung der Bohnen steckt wurde bei mir nochmals gestärkt und ich weiß Kaffee noch mehr zu schätzen.
Alle Infos zum Kursangebot der Kaffeeschule Münster findet ihr unter www.kaffeeschule-münster.de. Dort könnt ihr euch bei Interesse anmelden. Die Kurse sind immer sehr schnell ausgebucht, da die Teilnehmerzahl sehr begrenzt ist.